Die Mehrzahl aller Mitarbeiter sagt: „Mein Chef hört mir nie/selten zu!“

Umfragen haben ergeben: 50 % der deutschen Unternehmer wenden nicht einmal 5 Stunden im Monat dafür auf, der Belegschaft zuzuhören. Dieser Mangel-Zustand wird nur noch übertroffen von den Hausärzten: Die hören nämlich dem neuen Patienten im Schnitt nur die ersten 103 Sekunden zu. – Hat das Robert Koch-Institut herausgefunden.

„Dabei ist aufmerksames Zuhören die Grundvoraussetzung für jedes Zusammenarbeiten. Wer sich bei der Arbeit ignoriert fühlt, tritt langfristig die Reise ins geistige Exil an. Manager, die nicht richtig zuhören, treffen womöglich falsche Entscheidungen. Mitarbeiter, die Anweisungen falsch verstehen, begehen kostspielige Fehler.“, schreibt die WirtschaftsWoche unter der Überschrift „Teure Ignoranz. Eine neue Umfrage belegt längst Geahntes: Führungskräfte schenken ihren Mitarbeitern viel zu wenig Aufmerksamkeit. Dabei wäre richtiges Zuhören so wichtig und ist gar nicht mal so schwer!“

„Listening is usually reckoned to be perfectly straightforward – if you talk to someone, naturally he will be listening to what you say. But listening effectively, that is really absorbing and understanding what someone means, is a skill which is difficult and complex.“ So beginnt Max Taylor in seinem Buch „Coverdale on Management“ (Oxford 1979, S. 81) die Beschreibung der in der Unternehmensführung zu allen Zeiten so eminent wichtigen Kunst des Zuhörens und widmet diesem Thema ein ganzes Kapitel. In den Anfängen von Coverdale-Trainings in Großbritannien bekamen die Teilnehmer ein zweiseitiges Handout „Listening“, das von Ralph Coverdale und seinem Mentor, Bernard Babington Smith, ausgearbeitet war. Was Ralph und Bernard als „listening effectively“ bezeichneten hatte der US-amerikanische Psychotherapeut Carl Rogers mehr oder weniger bereits 1957 in seinem Buch „Active Listening“ beschrieben. Rogers unterscheidet beim Zuhören die wenig direktive „Echo-Technik“, bei der nur mechanisch das letzte Wort der gehörten Botschaft wiederholt wird, von dem „Aktiven Zuhören“, der mehr direktiven Paraphrasierung welche den kognitiven Anteil der aufgenommenen Botschaft zurückgibt.

Die Bedeutung von Zuhören – speziell für Führungskräfte – wird deutlich in einer Umfrage von „The Alternative Board“ (TAB), einem kommerziellen Zusammenschluss von 600 mittelständischen Unternehmern. 54 % der TAB-Unternehmer geben zu, bereits Fehlentscheidungen getroffen und Verluste erlitten zu haben, nur weil sie ihren Mitarbeitern nicht ausreichend zugehört hatten. Seinem Gegenüber zuzuhören, ist nicht nur ein Ausdruck von Respekt, Höflichkeit und Wertschätzung – sondern entscheidet gleichzeitig auch über die Karriere von Menschen und das Schicksal von Unternehmen.

Quelle: WirtschaftsWoche, Ausgabe 34 v. 17.08.18, S. 89 f.