Wer sich z.B. auf der Kölner Messe „Zukunft Personal“ mit Managern unterhält, der spürt diese Unruhe. Meditationskurse, immer weniger Hierarchie, gewählte Chefs. Weil heute Ideen zählen, wollen Unternehmen die Arbeitswelt neu gestalten. Aber wie genau? Die Traditionen sind zäh und Freiheit ist anstrengend. Denn: Wenn Freiheit Sinn machen soll, dann erfordert sie auch mehr Verantwortung. Und genau das ist für viele die große Überraschung!

„Früher haben die großen Firmen die kleinen gefressen. Heute fressen die Schnellen die Langsamen.“, sagt Christian Kuhna, HR-Strategie-Direktor bei adidas. Auf der Messe trägt er keinen Anzug, aber einen auffallenden Totenkopfring am Finger, eine gelbe Brille plus Trainingsjacke mit Aufnähern. Es geht ihm darum, anders zu sein und es anders zu machen als bisher. Kuhna ist büroloser Chef einer Denkfabrik. Sein Ziel: moderne Arbeitsformen zu finden. Er sagt: „Design, Marketing, Finanzen – früher werkelte jede Abteilung isoliert. Jetzt sitzen bei einem neuen Produkt alle von Anfang an an einem Tisch. Es wird viel mehr in Teams gearbeitet. Hierarchien werden von Netzwerken abgelöst.“ Früher entwarfen sie Trikots für die Fußball-WM im stillen Kämmerlein und befassten dann ihre Chefs damit. Im Jahre 2014 probierten sie es mit einem Netzwerk: Sie trafen sich mit Bürgern/Fußballfans und adidas-Mitarbeitern aus den Teilnehmerländern, die nichts mit Design zu tun haben. Auf diese Weise fanden sie z.B. heraus, wie stolz die Russen auf den Raumfahrer Jurij Gagarin sind, den ersten Menschen im All. Das Fußballtrikot mit der Anspielung auf den Nationalhelden verkaufte sich dann hervorragend.

BWL-Professor Benedikt Hackl von der Hochschule Baden-Württemberg warnt: „Das neue Zeitalter fordert deutsche Unternehmen in ganz besonderer Weise, denn: Digitalisierung und Globalisierung bedrohen die typisch deutschen, klassischen Wettbewerbsvorteile. Die Deutschen bauen ihre Firmen streng hierarchisch wie Maschinen auf, in denen Mitarbeiter wie Rädchen ineinander greifen. So produzierten sie stets effizienter als die Konkurrenten. Doch in der neuen Ära, in der bald Kleinstfirmen Turnschuhe aus dem 3-D-Drucker rauslassen, bedeutet diese Effizienz immer weniger.“
Um zu überleben zählen künftig vor allem Ideen. Kreativität ist Trumpf. Doch für Ideen und Kreativität lässt die streng hierarchische Organisation vom Typ Maschine traditionell wenig Raum. Um innovativer zu werden, beginnen deutsche Firmen nun herumzuexperimentieren. Offene Bürolandschaften, weniger Hierarchien, neue Formen der Bezahlung. Idealerweise verhilft das nicht nur der Firma zu mehr Umsatz, sondern auch Mitarbeitern zu mehr Freude am Job, weil sie mehr mitreden können.

(Fortsetzung siehe nächster Beitrag.)