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Ulrike Böhm und Tina Gundlach-Hauf, Trainerinnen, Coaches und zwei Nordlichter bei Coverdale Deutschland, haben sich standortübergreifend und virtuell mit dem Thema Purpose im Home-Office beschäftigt. Ihnen ist es wichtig, die Vorteile und Auswirkungen von Purpose, insbesondere in Krisenzeiten, aufzuzeigen.
„We create happiness“
Das ist die Kurzform des Purpose von Walt Disney. Disneys Leidenschaft ist es, die feinste Familienunterhaltung zu liefern. Für jedes Alter und überall.
Für die einen ist es eine Herzensangelegenheit, für andere eine Notwendigkeit und für einige auch ein Buzzword oder Marketingtool. Doch warum es Sinn macht, sich mit Purpose zu beschäftigen, verraten wir von Coverdale im Folgenden. Für uns bei Coverdale ist Purpose das Herzstück unserer Arbeit und wir erkennen viele Vorteile von aufrichtigem Purpose.
Purpose – Was schon Ralph Coverdale dazu zu sagen hatte ….
„To make way in life you need three things:
> A deep sense of inner purpose and the will to renew it.
> A clear vision where you want to get to, and the energy to pursue it.
> And courage. Courage to take steps which others might fear to take.”
Ralph Coverdale (aus den 60ern des 20. Jh.)
Ralph Coverdale, Firmengründer und Namensgeber der internationalen Coverdale-Berater-Gruppe, galt in den 60er-Jahren des letzten Jahrhunderts nicht nur als Pionier des Erfahrungslernens. Vielmehr hat er in seinen wissenschaftlichen Arbeiten in Oxford schon früh zur Bedeutung von Purpose geforscht. Purpose war für ihn in zweierlei Hinsicht bedeutsam: einmal klar definiert für das unmittelbare Erreichen eines Ziels und zum anderen Purpose als eine Art Kraftquelle - richtungsweisend und Energie freisetzend, um etwas Langfristiges zu verfolgen. Das Wozu war ihm wichtig. Und die Purpose-Frage beschäftigt uns bis heute, sie ist Kern unserer Arbeit. Um gute und nachhaltige Arbeit zu leisten, müssen wir mit dem Kunden in den Dialog über dessen Purpose gehen – angefangen bei der Frage „wozu eine bestimmte Maßnahme dienen soll“ bis hin zur Frage nach dem Purpose des Unternehmens bei Strategieprozessen und Organisationsentwicklung.
Für letztere ist es besonders entscheidend, gute Antworten auf die Wozu-Frage zu haben.
Denn daraus leitet sich ab, wie motiviert und inspiriert Mitarbeiter jeden Tag ihrer Arbeit nachgehen und sie auch andere motivieren und inspirieren können. Nach einer Studie mit mehr als 2.000 US-amerikanischen Arbeitnehmern sind Menschen im Mittel bereit, etwa ein Viertel ihrer zukünftigen Lebenseinkünfte zu opfern, wenn sie dadurch mehr Sinn in ihren Aufgaben verspüren könnten. Sinnerleben wird somit zu einer Art psychologischen Einkommens. Ohne ein Sinnerleben, entsteht kein inneres Engagement für das Unternehmen, keine innere Bindung, keine Loyalität mit innerer Verpflichtung und Verantwortung.
Purpose ist das Wozu einer Vision
Deutschland ist Spitzenreiter in Frustangelegenheiten, da 23 %, also fast jede/r Vierte in Deutschland unmotiviert zur Arbeit geht. Das besagt die dänische Studie Peakon (März 2020). Und lediglich 20 % der Europäer sind wirklich mit dem Herzen dabei. Das sind zumeist Pfarrer, Ärzte und Politiker wie eine Gallup-Studie ermittelte. Das grundsätzliche Problem ist: mangelnde Selbstverwirklichung.
Das ist umso erschreckender, weil gerade in den letzten Jahren viel über Purpose und das Wozu veröffentlicht wurde. Noch immer gibt es viele Unternehmen, die mit sehr generischen Purpose-Statements auftreten:
„Wir wollen guter Arbeitgeber sein, Kunden erfolgreich machen, neue und nachhaltige Lösungen finden und Marktführer sein.“
Damit werden Unternehmen austauschbar und verlieren an Individualität, Profil und Attraktivität für Mitarbeiter und für Kunden.
Neben den vielen austauschbaren Purpose-Formulierungen gibt es aber auch einige mutmachende Beispiele:
Patagonia
Stelle das beste Produkt her, belaste die Umwelt dabei so wenige wie möglich, inspiriere andere Firmen, diesem Beispiel zu folgen und Lösungen zur aktuellen Umweltkrise zu finden.
Sonnentor
Wir von Sonnentor glauben fest daran, dass in der Natur die besten Rezepte für ein schönes und langes Leben liegen. Dafür arbeiten wir. Davon leben wir und wir glauben, dass die biologische Landwirtschaft die einzige Alternative zu den Folgen von Monokultur und Überproduktion ist.
Was diese Formulierungen von den eher Generischen unterscheidet, ist:
- Dass sie sich nicht an Geschäftszahlen oder Marktpositionen orientieren.
- Dass sie alle Beteiligten ansprechen – Mitarbeiter wie auch Kunden und Lieferanten.
- Dass klar wird, was die Menschen, die dort arbeiten, bewegt.
- Dass sie eine Herzensangelegenheit sind und keine Kopfsache.
- Dass sie Emotionen und Sehnsüchte adressieren.
- Dass sie offen genug formuliert sind, um anschlussfähig an die Zukunft zu bleiben.
- Dass sie Auskunft darüber geben, warum ein Unternehmen überhaupt existiert und warum Mitarbeiter tun, was sie tun.
Ein erfolgreicher Purpose umfasst das Beste aller Zutaten: Was die Welt braucht, die Firma gut kann und wofür die Herzen der Mitarbeiter und Kunden schlagen.
Wie ein guter Purpose gelebt werden kann.
Wenn man exemplarisch den Pflegedienst Buurtzorg (dt. Betreuung in der Nachbarschaft) in den Niederlanden näher betrachtet, wird sichtbar was ein wahrhafter Purpose ausmacht. Buurtzorg startete vor 10 Jahren mit 6 Leuten sein Geschäftsmodell in Anlehnung an das Pflegeverständnis der „community nurses“ aus den 80er-Jahren sein aktuelles Non-Profit-Unternehmen. Die Vision war und ist, durch ganzheitliche Pflege den Pflegeansatz zu revolutionieren, mit Teamarbeit und Autonomie als Leitprinzipien. Der Purpose ist, hochwertige Pflege zu leisten, eine Begeisterung bei sämtlichen Pflegekräften zu wecken und mehr Zeit für Reflexion und Teamarbeit für die Angestellten. Die Ergebnisse nach 10 Jahren sind beachtlich:
- höhere Qualität in der Pflege
- bessere Bedingungen der Beschäftigten
- mehr Wirtschaftlichkeit.
Buurtzog ist mit hohen qualitativen Standards der größte Anbieter mobiler Pflege mit 10.000 Mitarbeitenden in den Niederlanden und mehrfach ausgezeichnet als bester Arbeitgeber.
Purpose ist als ein Teil einer Unternehmens-Kultur zu verstehen, als ein Teil neuer Formen von Zusammenarbeit. Purpose ist ebenfalls als Prozess zu verstehen, der sicher im Laufe der Zeit und je nach Veränderung bzw. Anforderung auch wieder angepasst werden kann.
Wie Purpose Unternehmen durchdringen kann. Aus Arbeit gemeinsame Sache machen.
Purpose sollte an oberster Spitze eines Unternehmens stehen und als Grundlage dienen, um Schritt für Schritt darauf aufzubauen. Festgelegt wird dieser von Vorständen und Gründern. Laut Harvard Business Review ist die wichtigste Aufgabe der Chefs, sich um Purpose zu kümmern. Da entsteht die wichtige Frage, wie dieser Purpose eigentlich gestreut werden kann. In erster Linie empfehlen wir von Coverdale, sich mit Unterstützung einer externen Moderation gemeinsam zu überlegen, was der Purpose der Firma sein soll. Welchen Mehrwert sie stiftet, wofür sie brennt und welchen Nutzen sie bringt bzw. wie Ausgleich geschaffen wird. Das ist ein mehrstufiger Prozess, in dem es uns schon zu einem frühen Stadium um Beteiligung und Akzeptanz der Mitarbeitenden geht. Gute Erfahrung machen wir mit dem Einsatz von Resonanzgruppen, die per Zufallsgenerator zusammengestellt werden und in den Dialog miteinander treten, inwieweit sie der Purpose anspricht.
Folgende Fragen können während eines Workshops durch die Resonanzgruppen bearbeitet werden:
- Was regt der Purpose an?
- Stimuliert er?
- Überzeugt mich das, was hier als Purpose präsentiert wird?
- Ist es stimmig zu dem, was ich als sinnvoll erachte?
- Mit welchen Kräften wirkt hier jeder auf das Große und Ganze ein?
- Wird das Engagement von außen gesehen?
- Welche Wirkung entsteht mit Blick auf das gemeinsame Ziel?
Die Resonanzgruppen lassen sich als Korrektiv und schon zu einem frühen Zeitpunkt als Multiplikatoren im Unternehmen verstehen. Denn über Purpose muss sich anfangs viel ausgetauscht werden, ehe er sich im Unternehmen verstetigt.
Wenn den Mitarbeitenden im Unternehmen viele Einblicke gegeben werden, z.B. durch Jobrotation, können sie das Gefühl entwickeln, dass sie ein Unternehmen sind. Wir gestalten so Plattformen, die Herausforderungen anderer Abteilungen und Kollegen zu verstehen, die Möglichkeit voneinander zu lernen und seine Expertisen zu teilen. Auf diese Weise erschließt sich mehr Bereitschaft für Anpassungen und Neuerungen und Purpose wird dadurch lebendig.
Purpose – wichtige Voraussetzung für gute Selbstführung
In dem Maße, wie es für Unternehmen wichtig ist, ihren Purpose zu finden und sich daran auszurichten, so ist es auch für den Einzelnen wichtig, Purpose zum eigenen Thema zu machen.
Wenn wir zum Thema „Selbstführung“ mit Gruppen oder Einzelpersonen arbeiten, ernten wir nicht selten erst einmal irritierte Blicke, wenn wir sie auffordern, sich mit ihrem persönlichen Lebenszweck auseinanderzusetzen. Mag sein, dass manche einfach auch etwas abgestumpft sind, weil in den Unternehmen viel über Purpose gesprochen wird, er für sie aber nicht wirklich spürbar gelebt wird. Lassen sie sich aber einmal darauf ein, merken sie, wie sie davon auch in einen Bann gezogen werden. Das ist keine Arbeit, die sich innerhalb kurzer Zeit erledigen lässt, es ist eher so, dass man sich auf eine innere Reise begibt und dabei links und rechts des Reiseweges inspiriert wird. Am Ende entsteht ein erster Wurf, mit dem es sich weiterarbeiten lässt. Es geht dabei auch weniger um Perfektion, d.h., das perfekte Wording zu finden, sondern eher darum, wieviel Kraft und Energie vom eigenen Purpose ausgehen.
Fragen an sich selbst können sein:
- Wozu gibt es mich auf dieser Erde?
- Welches Vermächtnis möchte ich einmal zurücklassen?
- Wodurch wird die Welt durch mich eine bessere?
- Für was brenne ich innerlich?
- Was sind die Dinge im Leben, für die ich die meiste Energie aufwende? Und woher kommt diese Energie?
Es ist erwiesen, dass diejenigen, die einem inneren Purpose folgen, die Energie und auch den Mut finden, Neues anzugehen, d.h. ihre Komfortzone verlassen.
Purpose als Kennzeichen einer ganzen Generation
Es sind die Millenials, die Generation, welche den Arbeitsmarkt seit Jahren auf Links dreht, laut Forschungsergebnissen des Gallup Instituts. Sie sind zwischen 1980 und 1990ern geboren und ganz besonders Purpose-gesteuert. Ihnen ist es wichtig, einer sinnvollen Aufgabe nachzugehen, welche im Einklang mit ihrer Freizeit bzw. ihrem Familienleben steht. Und nicht nur der Antrieb einer sinnvollen Tätigkeit, sondern auch die Erwartungen an das Unternehmen sind unverkennbar. Ihnen ist es wichtig, dass das Unternehmen einen konkreten Purpose verfolgt und sich dementsprechend auch nachhaltig ausrichtet. Führungskräfte im klassischen Sinne sind schon lange nicht mehr erwünscht, stattdessen sollen Coaches her, die regelmäßig konstruktives Feedback geben, um sich weiterentwickeln zu können.
Wir Autorinnen haben mit all diesen Ansprüchen glücklicherweise zu Coverdale gefunden. Dort, wo Purpose ein Selbstverständnis und kein Geheimnis darstellt. Enable people to succeed together, das ist unser täglich Brot in der Weiterentwicklung von Menschen und Organisationen.
Im Medizinerbereich fällt diese Generation ganz besonders auf: Menschen heilen und Menschenleben retten. Die Anzahl derer Mediziner, die noch einen Doktortitel anstreben, ist seit Jahren rückläufig. Sie sind jung, erfolgreich und leistungsstark und freuen sich trotzdem, auch als Alleinstehende Weihnachten eine Auszeit nehmen zu dürfen und machen sich für ihre Bedürfnisse und Ansichten stark. Es widerstrebt ihnen, den alten herrischen Ton von hierarchisch geprägten Mediziner-Dinosauriern auszuhalten. Die Millenials kontern mit Widerworten. Eine Generation, deren berechtigter Anspruch lautet, dass trotz Ärzte-Ethos ein vernünftiges Miteinander herrschen soll. Da interessiert es keinen mehr, ob vor 15 Jahren das höchste Tier in der Rettungsstelle sein Wissen und seine Erfahrungen brüllend geteilt hat. Millenials wünschen sich das anders und fordern das auch ein.
Andere Millenials fragen sich bei der Wahl ihres zukünftigen Arbeitgebers, wie z.B. der Deutschen Bank, ob auch das Gute im Bösen stecken kann. Das ist gutes Beispiel, woran erkennbar ist, dass nicht nur die individuelle Aufgabe einen Purpose erfüllen muss, sondern das gesamte Unternehmen ebenfalls in Purpose/Sinnmäßigkeit und Nachhaltigkeit glänzen soll.
People, Planet und Profit lautet die vereinfachte Formel, die als selbstverständliche Einheit gesehen wird und Unternehmenserfolge ausmacht.
Purpose als Anker in Krisenzeiten
„Wer ein Warum zu leben hat, erträgt fast jedes Wie.“ (Viktor Frankl)
Wie wichtig es ist, gerade im Sinne von Selbstführung, Klarheit über den eigenen Purpose zu haben, zeigt sich jetzt zu Pandemiezeiten. Wir erleben momentan, je nach persönlicher Betroffenheit durch die Krankheit selbst, Quarantäne, Home-Office mit oder ohne zusätzliche Kinderbetreuung, weggebrochenem Einkommen, Zukunftsängsten …, dass es einem manchmal an Zuversicht und Motivation fehlen kann.
Wenn sich – wie in den letzten Monaten geschehen – die Perspektiven komplett verschieben, ist es hilfreich, innezuhalten und sich seines Purposes zu erinnern. Und es tut gut, zu fühlen, wie man innerlich andockt – an diese innere Kraft. Man spürt dieses innerliche Aufrichten, das Freisetzen von Energie und wie sich allmählich wieder ein Fließen einstellt.
Für das Wiederandocken an den eigenen Purpose kann es hilfreich sein, sich zu fragen:
- Was ist in guten Zeiten mein Leitstern gewesen?
- Was ist mir bislang wichtig im Leben gewesen?
- Woraus habe ich Energie gezogen?
- Mit welchen Stärken bin ich ausgestattet?
- Wie kann ich diese Zeiten, auf die ich von außen keinen Einfluss habe, so für mich gestalten, dass ich jeden Tag etwas Positives für mich rausnehmen kann?
Am besten lassen sich diese Fragen bei einem Spaziergang oder an einem Lieblingsplatz beantworten, störungsfrei und mit viel innerer Achtsamkeit.
Purpose als Ausweg aus der Krise
Und warum ist es wichtig, Purpose gerade in Krisenzeiten näher zu beleuchten?
Richtig, jetzt ist die Stunde gekommen, wo sich ein jeder die Zeit nehmen kann, sich auf Wesentliches zu konzentrieren, über seinen individuellen Purpose nachzudenken. Zu überlegen, wie die Geschäftsmodelle der Zukunft aussehen sollen. Denn eines ist klar, unser Planet Erde ist begrenzt und zu viele Unternehmer setzen auf Wachstum. Jetzt ist die Zeit aufzuräumen, Zusammenarbeit neu zu gestalten und Purpose ins Visier zu nehmen.
Vorteile des Purpose:
Wenn es sinnvoll ist, sein Bestes zu geben, dann haben alle etwas davon.
Wie eingangs beschrieben, führt ein wahrhafter und glaubhafter Purpose nicht nur zu verstärkter Mitarbeitermotivation, Leistungsbereitschaft als auch Verzicht und Teamperformance, sondern auch dazu, dass Mitarbeitende kreativer und selbständiger arbeiten, wenn die Situation es erfordert. Menschen, die einen Sinn in ihrer Arbeit sehen, sind in der Lage, mit Herausforderungen besser umzugehen. Purpose macht also resilienter und nicht nur das. Zwar hat Purpose nicht zwingend etwas mit Profit zu tun, aber dennoch fanden die Harvard-Professoren John Kotter und James Hesket heraus, dass Firmen mit Purpose im Vergleich zu Purpose-losen Firmen 400 % mehr Umsatz generieren.