Ulrike Böhm ist erfahrene Partnerin bei Coverdale Deutschland und betreut viele internationale Führungsprogramme und Coachings mit Einzelpersonen.
Zu Hause ist Ulrike Böhm in der Nähe von Hannover. Ansonsten ist sie in ihrer Freizeit in ihrem Garten, beim Wandern oder auf diversen Golfplätzen anzutreffen.


Was brauchen Führungskräfte/Leader von morgen insbesondere in internationalen Teams?

Für viele Führungskräfte ist es inzwischen die Regel, dass sie international zusammengesetzte und zudem noch virtuelle Teams führen. Allerdings ist es noch nicht überall die Regel, dass die Führungskräfte auch Unterstützung bekommen, um ihre interkulturelle Kompetenz auszubauen. Es ist um so vieles einfacher, wenn Führungskräfte die kulturellen Prägungen und damit auch die Präferenzen ihrer Mitarbeiter verstehen. Um nur ein Beispiel aus diesem weiten Feld zu nennen: der Umgang mit Zeit. Eine Analyse der Zeitvorstellung zwischen einzelnen Kulturen hat gezeigt, dass es erhebliche Unterschiede im Umgang mit Zeit gibt. Nordeuropäer, Nordamerikaner und Japaner haben eine ausgesprochen lineare Betrachtung von Zeit. Man plant und führt eins nach dem anderen aus. Dahinter steht der Glaubenssatz: "Zeit ist eine begrenzte Ressource". Dagegen steht der Glaubenssatz: "Zeit ist im Überfluss vorhanden", der in vielen Ländern von Arabien, Afrika, Lateinamerika und Asien vorherrscht, die damit ein eher zyklisches Zeitkonzept verfolgen. Dies berücksichtigt eher soziale Bindungen und Inhalte.
Wenn das Verständnis für diese markanten Unterschiede nicht da ist, fällt es im Führungsalltag häufig schwer, die Verhaltensweisen einzelner Mitarbeiter nachzuvollziehen und auch die Vorteile darin zu erkennen. Da gleitet es schnell ab in Stereotypen. Meine Empfehlung ist daher, Führungskräfte und auch die Teams in Workshops möglichst gemeinsam im Bereich "Interkulturelle Kompetenz" zu trainieren. Für mich zählen da neben den Betrachtungen vom Umgang mit Zeit, Autorität und Führung, Kommunikation und Verhandlung und den zugrundeliegenden Denkmodellen auch die weichen Themen wie Empathie, sich in die Position des anderen zu versetzen, Reflexion, Aushalten von Ambiguität, Flexibilität, Offenheit, Sprachkompetenz, Feedback und Konfliktfähigkeit. Damit ist ein Grundstock gelegt. Darüber hinaus gilt es, konkrete Absprachen zur Zusammenarbeit zu treffen, möglichst nicht nur zu informieren, sondern oft auch in den Dialog zu treten, nicht nur virtuell, sondern auch physisch. Und immer wieder auch Rückblenden auf die gemachten Erfahrungen zu machen und ggfs. neue Vereinbarungen zu treffen.


Was sind deine Empfehlungen für einen wertschätzenden Umgang und was verstehst du darunter?

Ich greife mal einen Aspekt heraus, der sich auch an die erste Fragestellung anschließt: Unterschiedlichkeiten wertzuschätzen ist einer unserer Coverdale-Werte. Dazu braucht es Respekt füreinander und das Interesse aneinander. Ist beides gegeben, wirkt sich das sehr schnell auf die Qualität in der Arbeitsbeziehung und die -ergebnisse aus.
Entsprechend empfehle ich Führungskräften gerne, mit offenem Blick und ebenso offenem Herzen ihren Mitarbeitern zu begegnen und sich von dem bislang noch nicht entdeckten Potenzial überraschen zu lassen und es für das gemeinsame Ziel weiterzuentwickeln.
Das ist dann eine bewusste Investition in die Entwicklung von Vielfalt. Im Führungsalltag begegnen mir allerdings immer wieder Führungskräfte, die - vermutlich eher unbewusst - Mitarbeiter rekrutieren, die mehr ihren eigenen Präferenzen entsprechen. Das hat gewisse Vorteile, weil man sich nicht so grundsätzlich neu auf jemanden einstellen muss; der Nachteil ist, dass man andere Perspektiven und Herangehensweisen und deren Potenziale unberücksichtigt lässt.