Unter dem Motto “Teamplay im Motorsport – Geht das?“ hat Coverdale ein ausführliches Interview mit Herrn Ulrich Fritz – Vorstand HWA AG und seit 2014 Mercedes-AMG DTM-Teamchef – zu der gemeinsamen Arbeit geführt.

Dieses können Sie hier in Auszügen nachlesen:

 

Faszination Motorsport: Als Team-Chef bei der DTM

1992 mit 15 Jahren wurden Sie mit dem ‘Motorsport-Virus‘ infiziert, als Klaus Ludwig im Mercedes am Hockenheimring DTM-Meister wurde. Zu dem Zeitpunkt stand für Sie bereits fest, dass Sie einmal für Mercedes arbeiten wollten. Hatten Sie damals schon zu träumen gewagt, einmal DTM-Teamchef zu werden?

Nein, sicherlich nicht. Ich bin damals als unbedarfter Jugendlicher einfach mal zur Rennstrecke mitgenommen worden und konnte mir darunter noch nicht so wirklich viel vorstellen. Ich war dann von der Technik, aber auch von den Emotionen und dem Sport an sich sofort fasziniert. Dann ist Klaus Ludwig Meister geworden und von da an wollte ich einmal Teil von so einem Team sein. Aber, dass ich irgendwann die Chance bekommen würde, genau dieses Team einmal leiten zu dürfen, das war damals  sicher noch nicht im Fokus gestanden.

Was genau macht für Sie die Faszination am Motorsport aus – neben der Technik?

Das Faszinierende am Motorsport ist grundsätzlich, dass er sehr viele Facetten bietet. Es geht nicht nur um das Fahren, sondern insbesondere auch um Strategie oder Technik.
Für mich am Wichtigsten ist aber, dass es ein Team-Sport ist. Denn am Schluss wird man nur dann erfolgreich sein können, wenn wirklich sämtliche Teammitglieder wie - um das technisch zu veranschaulichen – ‘Getrieberäder‘ ineinandergreifen und jeder seinen Beitrag bringt. Das fängt beim Fahrer an, geht über die Boxen-Crew und die Ingenieure bis hin zum Lkw-Fahrer. Und genau darin liegt für mich die große Herausforderung und Faszination: dieses Team zu formen, das dann erfolgreich auf der Rennstrecke ist.


Bevor wir gleich im Detail über das Thema ‘Teamplay im Rennsport‘ sprechen, nochmal kurz zurück zu Ihnen: Der aktive Motorsport als Fahrer hatte Sie eher nicht gereizt. Sind Sie trotzdem schon mal mit einem Ihrer Rennwagen über eine der Rennstrecken gefahren?

In meiner beruflichen Vergangenheit war ich verantwortlich für die AMG Driving Academy, ein fahrdynamisches Programm und habe schon auch ein bisschen Erfahrungen hinter dem Lenkrad gesammelt. Aber im Großen und Ganzen muss ich sagen: Ja, ich finde performante Autos faszinierend und das ist sicher auch eine Leidenschaft von mir, aber das Fahren von Autos auf der Rennstrecke gehört wohl nicht unbedingt zu meinen ausgeprägten Fähigkeiten. Da kann ich auf jeden Fall andere Stärken in dieses Team einbringen.

“One Team – One Vision“
Der gemeinsame Weg zum Erfolg. 

 

In der Öffentlichkeit wird viel über die Autos, die Reifen, das Wetter bei Rennen, die Temperatur, Performance-Gewichte u.ä. diskutiert. Dabei gibt es, wie Sie schon kurz angesprochen hatten, noch einen ganz anderen essentiellen Faktor, der lange vor den Rennen seinen Anfang hat: Nämlich das Zusammenspiel aller im Gesamtteam, also hier der ganzen Firma HWA, zur Erreichung einer High Performance Culture als Basis für Triumphe auf der Rennstrecke. Welche Elemente/Bestandteile sind Ihnen dabei besonders wichtig?

Grundsätzlich ist es wichtig, dass diese Zusammenarbeit von sehr viel Vertrauen geprägt ist. Denn nur Vertrauen, Offenheit und eine entsprechende Feedback-Kultur bieten aus meiner Sicht den Nährboden, um erfolgreich agieren zu können. Das gilt nicht nur für unseren Sport, sondern, ich denke, das gilt für jede Unternehmung, die teamorientiert zusammenarbeitet. Über das Thema Feedback-Kultur und Vertrauen hinaus ist es wichtig, dass jeder Einzelne im Team einen Verantwortungsbereich hat, den er selbständig entsprechend gestalten kann. Denn sich selbst einbringen zu können, ist eine ganz große Triebfeder und somit ein wichtiger Motivationsfaktor, täglich individuelle Höchstleistung zu erbringen.

 

Wie wurde diese Kultur mit dem ‘One Team‘-Ansatz, also der Zusammengehörigkeit aller, implementiert?

Nach einer personellen Veränderung im Frühling 2014 war uns klar, dass wir nur dann bestehen und idealerweise viel besser werden können, wenn jeder Einzelne Verantwortung übernimmt und auch eigene Entscheidungen im Sinne des Teams trifft. Gerade das Thema Kommunikation war im Mittelpunkt aller Aktivitäten. Wir haben versucht, den Mitarbeitern zu vermitteln, wie man viel kommuniziert, wie man richtig Feedback gibt, was die richtige Herangehensweise für Problemstellungen und Prozesse ist. Und das war sicher einer der Schlüssel zum Erfolg im letzten Jahr.

 

Wo stehen Sie dabei heute?

Das ist ein langfristiger Prozess und ich würde sagen, man braucht auf jeden Fall 2-3 Jahre, bis das wirklich umgesetzt ist. Und selbst dann gibt es sicher noch Verbesserungsbedarf. Wir haben Mitte 2014 mit dem Veränderungsprozess angefangen. Ich denke, wir haben einen großen Schritt getan, sonst wäre der Erfolg im letzten Jahr nicht möglich gewesen.
Wir haben gerade am Anfang der letzten Saison 2015 einige neue Kollegen dazubekommen und bis diese
sich alle akklimatisiert und in die Themen eingearbeitet haben, das dauert natürlich auch seine Zeit.

 

Wie unterschiedlich stellt sich der Teamplay-Ansatz bei HWA dar, wenn man zum Beispiel auf die gesamte Firma, die Fahrer bei der DTM und die Ingenieure/Mechaniker schaut?

Im Grundgerüst und in den Grundwerten gibt es keine Unterschiede. Kommunikation, Feedback und Offenheit, sind Werte, die unverzichtbar und somit immer der Schlüssel zum Erfolg sind.
Aber natürlich gibt es fallspezifische Unterschiede. Wenn man zum Beispiel die Fahrer herausgreift: Das sind Hochleistungs-Sportler und um in diesem Sport auf höchstem Niveau erfolgreich zu sein, musst du auch eine gewisse und gesunde Portion Egoismus mitbringen. Die Herausforderung besteht also darin, in den Jungs diesen Team-Gedanken zu formen und beizubehalten.
Da sind die Herausforderungen in einem Mechaniker-Team, im Ingenieurs-Team oder im Produktions-Team teilweise ganz anders gelagerte, aber die Grundwerte sind die gleichen.

 

Als Sie Mitte 2014 mit dem ‘One Team Approach‘-Programm angefangen haben, wie waren da die Reaktionen seitens der Mitarbeiter? Das war ja dann doch recht ungewohnt.

Ich denke, grundsätzlich war der Wechsel willkommen. Plakativ gesprochen: Man war, nach einer siegreichen Ära in unserem größten Projekt – der DTM, mehr als vier Jahre sportlich nicht mehr erfolgreich. Von daher glaube ich schon, dass die Mitarbeiter alle der Meinung waren, dass sich etwas ändern muss. Ich erinnere mich an die ersten Workshops, wo sich eigentlich wirklich niemand getraut hat, irgendwas zu sagen. Und das hat sich, aus meiner Sicht, inzwischen grundsätzlich geändert.
Von daher, denke ich, sind wir auf einem sehr guten Weg, der, wie schon erwähnt, sicher noch nicht abgeschlossen ist, aber die Akzeptanz war definitiv eine grundlegende Bedingung dafür, dass der Prozess erfolgreich war. Grundsätzlich kann man über HWA sowieso sagen, hier gibt es niemanden, der nicht will. Alle wollen Höchstleistung bringen, alle wollen den sportlichen Erfolg, alle wollen den Erfolg des Unternehmens. Wir sind in der glücklichen Lage, dass es hier schon immer sehr wenig Politik gab, sondern dass eigentlich nur gezählt hat, dass man am Sonntag mit einem Pokal in der Hand dasteht.

 

Gab es in dem Prozess auch Momente, die Sie besonders gefreut haben?

Der DTM-Gewinn im letzten Jahr und das Verhalten unserer Fahrer auf der Strecke haben mich natürlich sehr gefreut. Der Weg, den wir eingeschlagen haben, war der richtige. Wir hatten im letzten Jahr sicher nicht das stärkste Fahrzeug oder das stärkste technische Paket. Aber wir haben nie aufgegeben. Wir waren im Engineering-Bereich sehr gut unterwegs und die Mechaniker haben einen tollen Job gemacht. Wir haben als Team zusammengearbeitet und eine Team-Strategie umgesetzt, die ohne die Akzeptanz jedes Einzelnen nicht möglich gewesen wäre.

 

Zusammengefasst, was ist das Erfolgsrezept für die Implementierung einer High Performance Culture?

Zunächst muss die Organisation bereit dafür sein, Veränderungen zuzulassen. Dann muss das Interesse des Teams für alle im Fokus stehen. Das war bei uns durchweg der Fall. Und dann natürlich die Basiszutaten wie: eine gute Kommunikation, gute Prozesse, eine Feedback-Kultur und ein sehr offenes und vertrautes Verhältnis zwischen den einzelnen Team-Mitgliedern.

 

Nach dem DTM-Titelgewinn antworteten Sie in einem Interview auf die Frage, was denn Ihr Highlight des Jahres 2015 abseits der Rennstrecke und des Titels gewesen sei, dass die Teambuilding-Veranstaltung vor Saison-Beginn in Spanien, die von Coverdale begleitet wurde, ein Schlüsselmoment war, da Sie als Team zusammengewachsen waren. Was war das Besondere dabei?

Jeder Hochleistungs-Sportler – und das sind die Fahrer nun mal – schaut zunächst auf sich. Da ist es naturgemäß auch so, dass man, wenn man Meister werden möchte, erst einmal sieben Team-Kollegen schlagen muss. Und das steht natürlich im Konflikt zu einem teamorientierten Ansatz.
In Spanien Anfang letzten Jahres hatten wir das sehr ausführlich mit den Fahrern diskutiert und erörtert und haben auch entsprechende Maßnahmen umgesetzt. Das war das erste Mal, dass es nicht nur einfach eine Sport-Woche war. Abends haben wir gemeinsam gekocht oder sind zum Essen gegangen. Und da hat man zum ersten Mal das Gefühl gehabt: Ja, es ist der Wille da, zu gewinnen, es ist aber auch der Wille da, ein Team zu sein und es ziehen alle am gleichen Strang.

 

Dass hinter dem DTM-Titelgewinn die Gesamtleistung eines großen Teams steht, in dem jeder zählt, der daran mitgearbeitet hat und dies auch keine leere Phrase für Sie und das Team ist, hat nicht nur Pascal Wehrlein in seiner spontanen Reaktion bewiesen, als er direkt nach dem Gewinn ausrief: „Wir haben es geschafft! – Wir als ganzes Team!“, sondern das zeigt auch eine Art ‘Wall of Fame‘, auf der mit dem Dank an das Team der Name jedes Einzelnen aufgeführt ist.
War das Ihre Idee, um das Gesehenwerden und den Stolz auf den gemeinsamen Erfolg wirklich in jedem Winkel des Unternehmens spürbar zu machen?

Ich weiß gar nicht mehr, wessen Idee das war. Aber ich fand es auf jeden Fall super.
Dass die Idee aus dem Team kam, zeigt aber auch, dass wir auf dem richtigen Weg sind. Das ist das, was uns in der Zwischenzeit auszeichnet. Was auch sehr wichtig ist, ist, dass man den Kollegen Wertschätzung entgegenbringt für ihre Leistung. Und das muss nicht immer nur monetäre Wertschätzung bedeuten, sondern sie kann auch ganz anders aussehen. Und so eine ‘Wall of Fame‘ gehört aus meiner Sicht definitiv auch dazu.

 

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